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  3. Sitten und Bräuche  
  h. Polterabend  

Der Polterabend musste bereits im Saal gefeiert werden (wegen Platzmangels zu Hause). Dazu erschienen schon alle geladenen Gäste, zumindest aber Abordnungen, die die Hochzeitsgeschenke überbrachten. Natürlich wurden alle mit Kaffee und Kuchen bewirtet und zu trinken gab es auch.

Das junge Volk des Dorfes polterte draußen vor der Tür mit allem, was sich in den Haushalten so an zerbrochenem Porzellan oder Steingut [seit dem letzten Polterabend] angesammelt hatte. Dieses Poltern musste natürlich belohnt werden, hieß es doch, dass Scherben Glück bringen würden. Wenn also gepoltert wurde, reichten wir einen Teller mit Streuselkuchen herum und natürlich auch einen Schluck oder ein Bier.

Da erinnere ich mich eines anderen Polterabends im Dorfe. Die Hochzeit war nicht so groß geplant, [war aber dennoch] eine Bauernhochzeit, bei der ein Witwer eine Witwe heiratete. Solche Hochzeiten wurden in den seltensten Fällen so groß gefeiert. Meist waren außer den Verwandten keine anderen Gäste geladen. Danach fragte aber doch die Jugend nicht, die zum Poltern gekommen war. Der Bräutigam, ein rechter Geizpickel, hatte keine Hochzeitsbitter an seiner Seite. Demzufolge musste er sich auch selbst um alles kümmern. Nachdem einmal Kuchen gereicht war, gab’s nichts mehr. Das war uns aber gar nicht recht. Mit lauten Rufen nach „mehr“ ,brachten wir den Bräutigam schließlich dazu, sich uns erneut zu zeigen. Aber er rückte nichts mehr raus. „Wenn ji wat drink'n wülln, doa steiht de Mann mit dän een Arm, de giwt ju wat!“ (Wenn Ihr was trinken wollt, geht zu dem Einarmigen, der gibt Euch was.) Mit dem „Einarmigen“ war die Pumpe auf dem Hof gemeint.

Soviel Geiz, meinten wir, stehe ihm nicht gut zu Gesicht. Das verdiente, bestraft zu werden! Wir kannten da eine Stelle, an der ein ganzer Backtrog voll alter Medizinflaschen und sonstigem Unrat stand. Der wurde herbeigeschafft und sämtliche Flaschen wurden am neu gemauerten Torpfeiler zerschlagen. War das ein Gestank! Sämtliche Gerüche Arabiens, die Duftnote der Stadtapotheke und die Gerüche der selbst oder von Quacksalbern hergestellten Tinkturen waren vertreten. Jahrelang danach war noch ein großer Fleck am Mauerwerk zu sehen.

Dabei war das noch recht harmlos gegenüber dem, was ältere Menschen über solche Geizkragen berichteten, und wie in früheren Zeiten mit ihnen umgegangen wurde. Bei solchen Gelegenheiten soll es schon mal vorgekommen sein, dass ein Ackerwagen auseinandergenommen, aufs Dach getragen, am First wieder zusammengebaut und mit Mist beladen wurde. [...]

Ich [...] habe so ein Spielchen nicht miterlebt, kann mir aber durchaus vorstellen, wie „angenehm“ das für den Bräutigam gewesen sein muss, am Hochzeitsmorgen erst den Mist vom Dach holen zu müssen. Es war früher so wie heute, dass das Brautpaar die Spuren des Polterabends persönlich zu beseitigen hatte.