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  2. Erinnerungen an die Kindheit und Jugend auf dem Bauernhof  
  s. Zeitgeschichtliche Einflüsse (Teil 1)  

Eine sehr schlimme Zeit für uns alle, war die der Arbeitslosigkeit meines Vaters.
Die Singer-Nähmaschinenfabrik in Wittenberge hatte Anfang der dreißiger Jahre eine große Anzahl von Arbeitern entlassen, unter ihnen auch meinen Vater.
So schön es sein mag, wenn Vater und Mutter zu Hause sind und sich gemeinsam um ihre Kinder kümmern können, aber wenn kein Geld in der Haushaltskasse ist, wenn Vater mit sich, mit Gott und der Welt unzufrieden ist wegen der fehlenden Arbeit, wird kaum ein friedliches Leben möglich sein.
Vater erhielt damals wöchentlich nur ein paar Mark Stempelgeld (So nannte man damals die Arbeitslosenunterstützung). Zum Leben zu wenig, zum Verhungern zu viel!
Gewiss waren die Preise damals andere, auch die Löhne waren andere. Kleiner, viel kleiner! Dennoch standen die Stempelgelder zu den Löhnen in keinem Verhältnis zu den heute gezahlten Geldern. Könnte man also schlussfolgern, dass es auch in der Arbeitslosigkeit einen Fortschritt gibt? Egal! Uns ging‘s damals ziemlich mies. Immerhin waren wir zu jener Zeit schon eine fünfköpfige Familie. Und Kinder haben bekanntlich immer Hunger. Besonders aber dann, wenn nicht genügend im Hause ist, wenn eingeteilt werden muss. Gewiss waren die Ansprüche, weder die der Erwachsenen, noch die der Kinder, denen der heutigen Zeit entsprechend. Das Problem an sich war jedoch das gleiche.

Um sich ein paar Pfennige dazu zu verdienen, arbeitete Vater mal hier, mal da beim Bauern, wo gerade jemand gebraucht wurde. Unterhaltsmäßig besserte sich die Haushaltskasse dadurch ein wenig auf, als er als Chausseearbeiter tätig wurde. Solange es dabei um Straßenausbesserungen ging, war diese Arbeit noch erträglich. Schlimm wurde es aber dann, wenn die dafür benötigten Steine oder der Schotter (Steinsplit) in mühevoller Handarbeit hergerichtet werden mussten. Kniend, mit einem sogenannten Steinhammer, mussten die Steine bearbeitet werden, bis sie die erforderliche Form als Groß-oder Kleinschotter angenommen hatten. Eine miserable Schinderarbeit!

Nicht nur Vater, wir alle waren froh, als er dann 1936 wieder in der Fabrik eingestellt wurde.