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  2. Erinnerungen an die Kindheit und Jugend auf dem Bauernhof  
  l. Mähen und dreschen  

Im nächsten Sommer und Herbst, beim Bauern Höppner, war die Arbeit erträglicher und vor allem einträglicher. Hier bekam ich für jeden Nachmittag 50 Pfennig und obendrein auch noch mein Essen.
Ich durfte die Pferde füttern, ein- und ausspannen, fuhrwerken (= ein Pferdefahrzeug lenken), eben alle Arbeiten machen, die auf einem Bauernhof üblich waren.
Die Handhabung der Sense lernte ich kennen, Gras und Getreide zu mähen. Wie oft die Sensenspitze dabei im Boden steckenblieb, hab ich nicht gezählt. Übung macht den Meister! Aber ich gestehe freimütig, bis zur Meisterschaft habe ich es nicht geschafft. Für den Hausgebrauch aber reichte es allemal.
Weit schwieriger, als Gras zu mähen, war die Getreidemahd. Hierzu wurde eine Gestellsense benötigt. Sie unterschied sich von der Grassense durch den sogenannten Sensenkorb mit seinen drei Holzleisten. Diese bewirkten, dass das Getreide „in Schwad to lingn käm“ (in Schwaden zu liegen kam). Bei dichter gewachsenem Korn wurde der Bügelsense der Vorzug gegeben. Statt der Holzhaken oder dem Sensenkorb, waren am Sensenbaum ein oder zwei Bügel aus Holz oder Draht befestigt, die beim Schnitt des Korns ein Überkippen der Halme verhindern sollten. Die fein säuberlich in einer Reihe liegenden Halme wurden mit einer Holzharke zu Garben zusammengezogen und gebündelt. Kurz vor Feierabend wurden die Garben in Hocken oder Stiegen aufgestellt. Beim Aufstellen musste darauf geachtet werden, dass die Garben dachförmig gegeneinander standen. Die Anzahl der Garben in den Hocken war örtlich unterschiedlich. Mancherorts wurden Stiegen zu 20 Garben, anderswo nach Mandel mit 15 oder 16 Garben aufgestellt (Mandel = altes Zählmaß. Eine Mandel hat 15 Stück).
In den Hocken trocknete sowohl das Korn als auch das Stroh. Schnurgerade standen die Hocken auf dem Acker. Es sah aus, als stünden auf den Stoppeln unzählige kleine Zelte. Das machte man so, um zwischen den Reihen bereits für den Zwischenfruchtanbau die Schälfurche ziehen zu können.

Noch gab es keine Vollerntemaschinen. Die größeren Bauern konnten sich jedoch schon einen „Ableger“ und später einen „Selbstbinder“ leisten.
Der Ableger erleichterte die Erntearbeit bereits enorm. Mit dieser Maschine wurde das Getreide nicht nur gemäht. Beim Schneiden fiel es auf den sogenannten Garbentisch, wurde von einem Flügelrad mit hölzernen Zähnen zu Garben zusammengeschoben, und durch die Drehung des Flügelrades vom Tisch geschubst und schließlich hinter der Maschine „abgelegt“. Man benötigte nur noch Binderinnen.
Noch vorteilhafter war der Selbstbinder, weil man mit noch weniger Leuten auskam.

Nach ausreichender Trocknung musste das Korn in die Scheune verbracht und gelagert werden. Der Drusch erfolgte jedoch meist erst im Winter. Eingefahren wurde das Getreide nach Möglichkeit mit „stehendem Wagen.“ Das ging so vonstatten: Ein Wagen wurde auf dem Feld beladen. Währenddessen wurde in der Scheune ein voller Wagen entladen. Damit die Arbeit nicht stockte, fuhr man mit einem dritten (vollen bzw. leeren) vom oder zum Feld. Sowohl das Packen in der Scheune, aber besonders auf dem Erntewagen, musste schon gelernt sein. Die Erntewagen waren mit „Austlärrern“ (Ernteleitern) ausgerüstet. Innerhalb der Leitern wurden die Garben immer mit dem Kopfende zur Mitte des Wagens gepackt. Dadurch lagen die äußeren Enden stets höher und verhinderten so ein Abrutschen der Ladung. Über den Leitern packte man die Garben etwa ein Drittel über diese hinweg, mit dem Kopfende immer zur Mitte. Die vollgepackte Fuhre musste, um ein Abkippen zu vermeiden, mit einem „Reep“ (Seil, Strick) fachgerecht abgesichert werden.

Der Drusch im Winter erfolgte in früheren Zeiten mit dem Dreschflegel. Dazu wurden die Garben auf der Tenne ausgebreitet. Drei oder vier Männer, die sich gegenüber standen, schlugen, immer schön im Takt, mit dem „Döschflögel“ die Körner aus den Ähren.
Natürlich musste das Korn nach dem Drusch erst gereinigt werden, bevor es in die Mühle zur Verarbeitung zu Mehl oder Schrot verbracht wurde oder aber als Saatgut fürs nächste Jahr eingelagert werden konnte.
Mehr aus Spaß und Neugierde habe ich die Handhabung des Dreschflegels selber ausprobiert. Das ist eine ungeheure Knochenarbeit.
Später, und diese Art des Dreschens habe ich noch kennengelernt, gab es Maschinen, die durch einen Göpel angetrieben wurden. Der Göpel bestand aus einem großen Zahnkranz, etwa zwei Meter im Durchmesser, an dem ein Zugbalken befestigt war. Mit Pferdekraft (das Pferd musste ständig im Kreise laufen) wurde das Rad in Bewegung gesetzt. Eine Welle, durch das große Zahnrad angetrieben, hatte am anderen Ende eine Riemenscheibe, die mittels eines aufgelegten Riemens die Maschine in Gang setzte.
Aber auch das war noch eine aufwendige Arbeit. Mindestens sieben Arbeitskräfte wurden benötigt. Einer hatte das Pferd anzutreiben, ein bis zwei Arbeitskräfte benötigte man zum Zureichen der Garben. Einer gab die Garben in die Maschine, während zwei Leute mit dem Bündeln des Strohs beschäftigt waren. Und das gebundene Stroh war auch noch fortzuschaffen, da ja im Bereich der Dreschmaschine nicht genug Platz war.
Ebenso musste ständig das gedroschene Korn von der Maschine fortgeräumt werden.
Um diese Arbeit einigermaßen reibungslos über die Bühne zu bringen, musste jeder, der dazu auch nur halbwegs in der Lage war, zugreifen und tatkräftig mithelfen.