zurück zur Startseite    
  2. Erinnerungen an die Kindheit und Jugend auf dem Bauernhof  
  k. Kühe hüten und melken  

Während meiner Schulzeit durfte ich in den Sommermonaten bei meiner Patentante die Kühe hüten. Nachmittags. Milchkühe und Jungvieh, zusammen so an die zwanzig Rindviecher. Zwar gab es bei reicheren Bauern und auf dem Gut bereits die ersten elektrischen Weidezäune, aber die waren teuer. Jedenfalls viel teurer als ein Kuhjunge.
Für sechs Nachmittage in der Woche, insgesamt so an die 36 Stunden, wurde ich „fürstlich“ belohnt mit Fünfzig Pfennig. Allerdings gab‘s zum Kaffee eine große Butterstulle und Abendessen bekam ich auch.
So einfach, wie sich das „Kühe hüten“ anhört, so leicht und einfach war es jedoch nicht. Zwanzig Rindviecher, eines immer dümmer als das andere. (Dachte ich!) Allerdings schien jedes einzelne Exemplar dieser Herde genau zu wissen, wo jeweils das bessere Futter zu finden war. Grundsätzlich war das immer dort, wo ich nicht hüten durfte. Demnach war die sprichwörtlich „dumme Kuh“ gar nicht so dumm.
Als Gehilfen für meine Tätigkeit hatte ich einen Hütehund zur Seite. Er selbst wusste wohl nicht, dass er ein „Hütehund“ sein sollte. Deshalb benahm er sich wie ein ganz gewöhnlicher Hofhund und hielt sich wohl auch für einen solchen. Ungebildet, dumm und faul! Schlicht: Ein dummer, fauler Hund. Er gab sich keine Mühe zu verstehen, was ich von ihm wollte, wenn er den Auftrag bekam, eine vorwitzige Kuh, die den vorgegebenen Weideplatz verlassen wollte, zurückzuholen. Da musste ich schon selber laufen. Er bellte nur. Notfalls hätte ich das auch noch alleine tun können. Aber fürs Bellen wurde ich ja nicht bezahlt. Und so ließ ich es eben.
Fürs Melken wurde ich auch nicht bezahlt, aber trotzdem wurde es von mir verlangt: „Friedhelm, du brukst hier nich so rümstoahn un tokiekn. Up'n Woagn steiht nochn Emmer, un twe Kööh wärst woll schaffen." (Du brauchst hier nicht herumzustehen und zuzuschauen. Auf dem Wagen steht noch ein Eimer - und zwei Kühe wirst Du doch wohl schaffen.) Dagegen gab‘s kein Auflehnen. Das war eben so! Natürlich hat die Tante nachgemolken. Ich empfand das stets als eine lästige Kontrolle, als Mißtrauensbeweis. Aber es war wichtig zu wissen, dass das Euter wirklich leergemolken war. Es hätte andernfalls zu schlimmen Entzündungen kommen können.