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  2. Erinnerungen an die Kindheit und Jugend auf dem Bauernhof  
  j. Schlachtefest  

Was war denn am Schlachtefest nun so festlich? Aus meiner Sicht würde ich behaupten: Nichts! Ein aufregender Tag für uns Kinder, gewiss! Aber für die Erwachsenen ein recht anstrengender Arbeitstag. Das begann schon in der Frühe, bevor der Hausschlachter kam. Ein großer Kessel kochenden Wassers musste bereitgehalten werden. Heute würde man den Wasserhahn aufdrehen und mit einem Schlauch den Kessel füllen. Aber damals musste der Kessel noch per Hand eimerweise aus dem Brunnen gefüllt werden.

Wenn das Schwein dann getötet war, wurde es in einen Brühtrog gelegt und mit heißem Wasser − je heißer, desto besser − abgebrüht. Die Borsten mussten also entfernt werden. Dazu benutzte der Fleischer Geräte, die Ähnlichkeit mit einer Kuhglocke hatten, eben nur sehr viel kleiner. Danach wurde das Schwein auf eine Leiter gebunden, die schräg an die Hauswand gelehnt wurde. So erleichterte es die Arbeit beim Herausnehmen der Innereien und Därme. Die Därme mussten sorgfältig gereinigt, gewendet und gebrüht werden, weil darin ja die Wurst gestopft wurde. Auch die Herstellung der Wurst war kein Kinderspiel. Elektrische Fleischwölfe gab es noch nicht, alles musste mit der Hand gedreht werden. Das Schönste an der ganzen Schlachterei war die Tatsache, dass es an diesem Tage alles so reichlich und im Überfluss gab: Buletten, Hackepeter und Wellfleisch, Leber (gekocht oder gebraten), Wurstbrühe und vieles mehr. Jeder konnte essen, was und so viel er mochte. Dass es für die Erwachsenen auch noch einen Schnaps für die bessere Verdauung gab, oder auch zwei oder drei, versteht sich. Vielleicht war das alles das „Festliche“ am Schlachtefest?

Die Arbeit war damit aber noch nicht beendet. Wurst musste gekocht und abgehangen werden, Fleisch und Schinken war zu pökeln (= in Salzlake einlegen). Und Tage später kamen die Wurst, der Schinken und der Speck in die Räucherkammer. Bis davon dann etwas auf den Tisch kam, das dauerte schon eine Weile.

Bei all der Arbeit führte Großmutter Regie. Ohne viel Worte! Was zu sagen war, wurde gesagt, was zu tun war, wurde getan.