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  2. Erinnerungen an die Kindheit und Jugend auf dem Bauernhof  
  e. Der Nachmittagskaffee  

[...] Aber auch noch andere Düfte zauberte die Bratröhre aus ihrem Inneren hervor.

Die heutigen Öfen sind so gebaut, dass die Röhre − wenn überhaupt vorhanden − allenfalls dazu genutzt werden kann, etwas Hineingestelltes warm zu halten. Das war früher anders. Besonders die in den Ziegelöfen eingebauten Röhren waren als Bratröhren konzipiert. Dadurch, dass die Flammen die Röhrenplatte direkt erhitzten, entwickelte sich ausreichend Wärme, in der Röhre nicht nur Speisen warm zu halten. Es war möglich, ähnlich wie auf einer Herdplatte, auch zu kochen.

Nachmittags pflegte Urgroßmutter ihren Kaffee zu trinken. Nicht einfach so, wie wir es heute kennen: Kaffee in die Filtertüte, kochendes Wasser drauf, und fertig ist der Kaffee! Nein! Dieser Kaffee war nicht aus Kaffeebohnen. Solchen Luxus leistete man sich nur zu den Feiertagen! Sonst aber trank man Gerstenkaffee.

In einem Rösttiegel wurden die Gerstenkörner unter ständigem Rühren, je nach Geschmack und Wunsch, heller oder dunkler geröstet. Zum Rühren war ein Rührwerk mit einer Handkurbel im Deckelbereich des Tiegels eingearbeitet.

Die gebrannten Gerstenkörner wurden in einer Kaffeemühle gemahlen und unter Zusatz von Zichorie, die den Geschmack abrundete, wurde dieser Kaffee gebrüht.

Einen solchen Kaffee trank meine Urgroßmutter, nachdem er mehrere Stunden in der Röhre in einem Blechtopf heiß gehalten wurde. Kleingebrockte Brotrinde wurde in den Kaffee gegeben und mit Zucker gesüßt. Das roch gut, das schmeckte gut, nährte und war außerdem sparsam.