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  1. Der Geburtsort Rosenhagen in der Westprignitz  
  d. Erlebnisse auf und mit dem Gut  

In den Jahren zwischen 1920 und 1930 befand sich auf dem Gut das Perleberger Impfstoffwerk, das dann nach Berlin verzog.
Für die Gewinnung des erforderlichen Serums waren viele Pferde nötig, denen zu diesem Zweck ständig Blut entnommen werden musste. In den Laboratorien wurden die Seren hergestellt, die, wie man uns in der Schule erzählte, in alle Welt verkauft wurden.
Unter [Gutsverwalter] Weinschenk besaß das Gut eine eigene Meierei. Erstklassiges Herdbuchvieh garantierte erstklassige Milch. Diese wurde in einer modernen Anlage tief gekühlt und auf Flaschen gezogen. Schon am sehr frühen Morgen fuhr ein „Milchwagen“ nach Perleberg und belieferte die Stadthaushalte mit frischer Trinkvollmilch.
Unübersehbar stand in großen Lettern am Futtersilo zu lesen:
Trinkt Rosenhagener Vorzugsmilch - und ihr bleibt gesund.

Außer dem Herrenhaus, den bereits erwähnten Laborgebäuden, den Wirtschaftsgebäuden, Stallungen und Scheunen, gab es auf dem Hof noch die sogenannten Schnitterkasernen. Das waren Baracken mit vielen Wohnräumen, die in den Saisonzeiten (Erntezeit für Spargel, Getreide und Kartoffeln), ausländischen Arbeitskräften als Unterkunft dienten. Meistens kamen diese aus Polen, später auch aus Italien. Ohne diese (recht billigen) Arbeitskräfte war die Arbeit kaum zu bewältigen. Das Stammpersonal allein konnte das nicht schaffen.

Als die Italiener auf dem Gut tätig waren, hatte ich meine Schulzeit bereits beendet und war als Lehrling im Postamt Perleberg beschäftigt. Von meinem Freund „Trittel“, Erwin Dröge, der leider schon mit 15 Jahren verstorben war, hatte ich einen Grammophonschrank mit einigen Platten geerbt. Sonntags, wenn auf dem Gut nicht gearbeitet wurde, zog ich mit Grammophon und Platten in die Baracke und veranstaltete „Tanzmusik“. Toll war das! Eine Platte krächste zwar immer mehr als die andere, aber es war doch Musik.
Die Italiener, auch alles junge Leute, waren begeistert und erfreut, wenn auf diese Weise ein wenig Abwechslung in das sonst so triste Alltagsleben gebracht wurde.

Hinter dem „Herrenhaus“ befand sich ein kleiner Park, nicht sehr gepflegt, mit vielen Wegen hinter hohen Hecken und zwischen verkrauteten Rasenflächen. Das war für uns noch während der Schulzeit ein herrlicher Spielplatz. Besonders, wenn Bodo, der Sprössling des Herrn, seinen Esel in den Park holte. Eselreiten oder mit dem Eselwagen zu fahren, war ein seltenes, aber besonderes Vergnügen. Der arme Esel hatte dann so einiges zu erdulden! Ein dummer Esel war er jedoch nicht. Wenn‘s ihm zu bunt wurde mit uns, suchte er einfach das Weite und ließ uns allein.